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Sokodé, die zweitgrößte Stadt Togos, wurde Ende November Ort der Zeremonie zur Abschaffung der weiblichen Beschneidung.

sokode togo Wesentlichen Anteil an diesem Erfolg hat der deutsche Verein (I)NTACT - Internationale Aktion gegen die Beschneidung von Mädchen und Frauen.

Während in Deutschland Minusgrade herrschen und der erste Schneesturm übers Land weht ist es im Stadion von Sokodé, Mitten in Togo, nur im Schatten auszuhalten. Es sind weit über 30 Grad und vor allem ist es unsagbar schwül. Trotzdem ist das Stadion gut gefüllt und es kommen am Nachmittag des 29. und 30. November 2012 immer wieder Kinder, Jugendliche, Frauen und Männer aus der Umgebung vorbei. Die einen wollen etwas verkaufen, die anderen kommen um zu schauen. Eins geht dabei auch ins andere über.

Auf der Tribüne sitzen neben vielen offiziellen Repräsentanten von Präfektur und Landesregierung  auch die Ministerin für Frauenförderung, Patricia Dagna-Zonvidé, und der deutsche Botschafter in Togo, Joseph Weiss. Gäste sind aus Ghana, Burkina Faso, Senegal und Deutschland angereist. Daneben gibt es große Blöcke mit ehemaligen Beschneiderinnen, traditionellen und religiösen Führern und mit Mitarbeitern der Partnerorganisationen, die mit Hilfe von (I)NTACT seit 2005 gegen die weibliche Beschneidung im Land gekämpft haben.

Ihre Bilanz an diesem Tag:

  • in 1.865 Dörfern Togos wurde die Praktik der weiblichen Beschneidung ausfindig gemacht
  • 189.291 Haushalte und 337 Fulani-Lager wurden sensibilisiert
  • 1.045 verschiedene Seminare wurden durchgeführt
  • 308 Beschneiderinnen wurden identifiziert, aufgeklärt und zur Aufgabe bewegt
  • 178 Solidaritätsgruppen wurden gegründet um gemeinsam Erwerbstätigkeiten nachzugehen wie z.B. Hühnerzucht, Weberei, Anbau und Erzeugung von Palmöl und die Vermarktung der Erzeugnisse. Dafür gibt es Mikrokredite. Wichtiger Nebeneffekt: Die gemeinsame Arbeit ermöglicht auch immer genau zu wissen, was im Dorf passiert
  • die Beschneidungsrate ist von 12 % 1998 auf unter 0,1 % 2012 landesweit gesunken.

Diese Bilanz und die Strategie, wie sie erreicht worden ist, sind in einer Präsentation neben der Tribüne dargestellt. Immer wieder sehe ich Frauen, Mädchen und auch Gruppen von jungen Männern vor den Listen der Akteure, den Darstellungen der Gebräuche, Zeremonien und der gesundheitlichen Probleme im Zusammenhang mit der Beschneidung, vor den Werkzeugen, den Dokumenten der Aufgabe und dann vor der langen Liste der 308 Beschneiderinnen. Diese Liste misst  fast 5 Meter, denn alle ehemaligen Beschneiderinnen Togos sind hier dargestellt  - mit Bild, Adresse, dem Alter in dem sie selbst beschnitten worden sind, der Anzahl von Kindern, die sie beschnitten haben (z.B. 200, 50, 5, > 500), ihrem regionalen Wirkungskreis und dem Jahr, in dem sie mit dieser Praxis aufgehört haben.

Da steht eine Gruppe von Frauen und Mädchen, studiert diese Liste und diskutiert das Gesehene. Diese Frauen, die selbst täglich das Leid der Beschneidung am eigenen Körper erfahren und auch erlebt haben wie Schwestern und Töchter leiden oder sogar sterben, wollten schon lange nicht mehr, dass ihre Kinder beschnitten werden. Es gibt viel zu viel Frauenproblem – Infektionen, Inkontinenz, immer wieder große Fisteln, viel zu lange dauernde Geburten, kranke Kinder und sogar Kinderlosigkeit, eine furchtbare Schande gerade in Afrika. Den Zusammenhang zwischen Beschneidung und diesen Problemen haben sie jetzt erkannt, aber früher war es unmöglich sich gegen den Willen der Familie und vor allem gegen das Gesetzt der traditionellen Gesellschaft zu wehren. Wer es versuchte, konnte mit sozialer Ausgrenzung, Krankheit und Tod bestraft werden.  Und selbst wer erzählte, was er erlebt hatte, wurde bedroht. „Du hast kein Recht darüber zu sprechen … oder zu sagen, wo auch immer Du beschnitten worden bist.“  Damit wurden die Beschnittenen – meist noch kleine Kinder –  eingeschüchtert. Das war absolutes Tabu!

So lag die Beschneidungsrate 1998 trotz Gesetz im Landesdurchschnitt bei  12 %, doch bei den Tchamba, Kotokoli, Yanga, Fulani, Mossi lag sie wesentlich höher – bei bis zu 98 %. Und deshalb sind sie heute so freu und tanzen – auch am Rande des Fests und noch am Abend um das Büro der NGO TAMADE und im Kulturzentrum, denn dieses Fest steht an der Schwelle einer neuen Norm in ihrer Gesellschaft: Die Unversehrtheit der Mädchen. Dieses Fest erst setzt das Gesetz in Kraft – endlich!

Beschneidungen an Mädchen werden in Togo nicht mehr gemacht, so schwören ehemalige Beschneiderinnen und die Traditionshüter bekräftigen, dass auch sie die Nachteile für die Gesundheit der Mädchen und Frauen erkannt haben. Sie werden keine Beschneidungen mehr anordnen, anderenfalls wollen sie zur Verantwortung gezogen werden. Und noch etwas sagen sie: Diese Erklärung, sollen wir überall verbreiten, wo immer Bedarf sein und sie fordern sogar die Ministerin auf, ihr Land zum Vorzeigeland für andere zu machen, denn noch gibt es Beschneidung auch gleich nebenan - in Ghana, Burkina Faso, im Senegal  ...
Doch Togo sagt:  Adieu l'Excision!
Damit ist Togo nach Benin 2005 das zweite afrikanische Land, dass die Tradition der weiblichen Beschneidung ein für alle Mal überwunden hat. Und wenn Sie die Arbeit von (I)NTACT zur Überwindung der Beschneidung in einem weiteren afrikanischen Land unterstützen möchten, können Sie Fördermitglied werden, eine Veranstaltung zum Thema organisieren, die Ausstellung „Adieu l’Excision!“ anfordern oder eine Spende senden.

Spendenkonto Deutschland:
Kto. 712000
Sparkasse Saarbrücken
BLZ 59050101
Barbara Schirpke

Zur Person:
Barbara Schirpke ist MedienDesignerin, Autorin und Produzentin von AfroPort.de – dem deutschsprachigen AfrikaPortal für Kunst, Kultur und Business im Internet. Seit 1999 engagiert sie sich gegen weibliche Beschneidung und ist Mitglied bei (I)NTACT – Internationale Aktion gegen die Beschneidung von Mädchen und Frauen. Sie war bei der Zeremonie zur Abschaffung der weiblichen Beschneidung in Sokodé, Togo, wie auch schon 2005 beim großen Fest in Natitingou, Benin, dabei. Die Fotoausstellung „Adieu l’Exicion“ war ab 2006 an über 50 Orten deutschlandweit zu sehen und wird jetzt mit Bildern aus Togo aktualisiert. Über eine Einladung zu Vorträgen oder Ausstellung würde sie sich sehr freuen.
Links:
http://www.afroport.de/em_wissen_news_sokode_121130.php
http://www.afroport.de/intact/
http://www.intact-ev.de
http://www.afroport.de
http://www.facebook.com/AfroPort


Kontaktadresse:
Agentur AraArt / AfroPort.de
Barbara Schirpke
Am Weinberg 26
84152 Mengkofen – Tunzenberg
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