Vladimir Slivyak ist der Schönauer Stromrebell 2022
Gegen Kohle und russischen Atomkolonialismus
In diesem Jahr küren die EWS, die Schönauer Energie-Initiativen und die Stadt Schönau den Umweltaktivisten und Träger des Alternativen Nobelpreises Vladimir Slivyak zum Schönauer Stromrebellen. Er kämpft seit Jahrzehnten in Russland und international für Umwelt- und Klimaschutz und gegen Atomkraft.
Gegen Atomkraft und für Frieden, Umwelt- und Klimaschutz
Das Jahr 2022 markiert eine Zeitenwende. In Deutschland werden die letzten drei Atommeiler abgeschaltet, aber weltweit ist die Atomkraft noch lange nicht am Ende. Der entsetzliche Krieg in der Ukraine und die damit verknüpfte Energiekrise erschweren die Situation zusätzlich und ...
rücken fatalerweise auch die lebensnotwendigen Klimaziele wieder in den Hintergrund.
«Mit Vladimir Slivyak ehren wir eine Persönlichkeit, die den Kampf gegen Atomkraft und für Frieden, Umwelt- und Klimaschutz schon lange auf einer internationalen Ebene zusammen denkt und viel erreicht hat», sagt EWS-Vorstand Sebastian Sladek.
Erfolg mit Informationskampagnen
Bereits 1989 gründete er noch als Schüler in seiner Heimatstadt Kaliningrad die Umweltschutzorganisation Ecodefense, damals mit dem Ziel, den durch die Industrie verdreckten Fluss Pregels in seiner Heimat zu retten. Zwei Papierfabriken vor den Toren der Stadt hatten über Jahre aggressive Chemikalien in den Fluss geleitet – ohne Konsequenzen, die Behörden interessierten sich nicht dafür. Auch erhöhte Krebsfälle, tonnenweise toter Fische im Fluss, der extreme Gestank im Sommer und große Algenplagen änderten nichts daran. Vladimir aber organisierte mit einem Studienfreund zunächst eine Zeitung, die darüber berichtete und später die größte Demonstration, die es je in Kaliningrad gegeben hat. So bewirkte er, dass die eine Papierfabrik unmittelbar danach geschlossen wurde.
2014 konnte er mit der Veröffentlichung geheimer Verträge ein Projekt Russlands mit Südafrika aufdecken. Russland hatte beabsichtigt, in Südafrika acht Atommeiler zu bauen. Mit einer groß angelegten Informationskampagne konnten russische und südafrikanische Aktivistinnen und Aktivisten die öffentliche Meinung in Südafrika drehen und das Projekt 2017 gerichtlich verhindern. «Der größte Erfolg war nicht der vor Gericht, sondern dass wir die Menschen im ganzen Land überzeugt haben», so Slivyak. So konnte er auch verhindern, dass Russland Afrika, beginnend in Südafrika, zu einer Atomkolonie macht.
Gegen Kohleabbau in Südsibirien
Vladimir Slivyak ist aber nicht nur ein äußerst erfolgreicher Antiatomaktivist, sondern auch Russlands wichtigster Akteur für den Klimaschutz. So startete seine Umweltorganisation Ecodefense eine großangelegte Kampagne gegen den ganze Landstriche zerstörenden Kohleabbau im südsibirischen Kusbass. Die Aktivisten informierten nicht nur die Bevölkerung vor Ort über die ökologischen und gesundheitlichen Gefahren, sie reisten auch in die Länder, die die Steinkohle aus dem Kusbass importieren. Sie sprachen mit den Verantwortlichen und zeigten ihnen auf, welche desaströsen Folgen der Abbau bei den Menschen in der Region hat. Sie konnten zudem nachweisen, wie eng der Kohleabbau mit Putin verbunden ist: «Viele Familienmitglieder von Putin bekleiden Führungspositionen in Kohlekonzernen. Sie verdienen unfassbar viel Geld und müssen sich um Gesetz und Moral nicht scheren», so Vladimir Slivyak.
Für Vladimir Slivyak ist sehr klar, dass man gleichzeitig gegen Atomkraft und für wirksamen Klimaschutz kämpfen muss, schon alleine, weil immer wieder versucht wird, die Atomkraft als Klimaschutztechnologie zu etablieren.
Ecodefense als ausländischer Agent eingestuft
Wegen ihrer nationalen und internationalen Aktivitäten wurde Ecodefense 2014 vom russischen Staat als ausländischer Agent eingestuft. 2019 musste die Co-Vorsitzende Alexandra Koroleva nach Deutschland fliehen, weil sie in Russland von Haft bedroht war. Im vergangenen Jahr wurde auch für Vladimir Slivyak die Situation in Russland so bedrohlich, dass er das Land verlassen musste und heute die Arbeit von Ecodefense von Deutschland aus koordiniert.
In seiner Dankesrede sprach er sich mit eindringlichen Worten gegen Wladimir Putins Angriffskrieg aus: «Als Russe fordere ich die russischen Truppen auf, die Ukraine sofort zu verlassen und das Volk in Frieden und Demokratie leben zu lassen.» Dementsprechend ist seine derzeit wichtigste Forderung das sofortige Inkrafttreten eines Fossil- und Atomembargos gegen Russland. Seine Vision ist ein freies Russland, das mit seinen riesigen Landflächen zu einer neuen Supermacht, einer Supermacht der erneuerbaren Energien wird.
Über den Preis «Schönauer Stromrebell:in des Jahres»
Zum neunzehnten Mal verleihen die EWS gemeinsam mit den Schönauer Energie-Initiativen und der Stadt Schönau den Ehrenpreis des «Stromrebellen». Diese Auszeichnung wird Menschen zuteil, die sich durch ihr jahrelanges Engagement im Umweltbereich verdient gemacht und durch konsequentes Handeln besondere Zeichen gesetzt haben. Die Preisträgerinnen und Preisträger sind Menschen, die mit persönlichem Engagement Visionen umsetzen, Widerstände überwinden und sich mit ganzem Herzen für echten Umwelt- und Klimaschutz einsetzen.
Fotos:
- Vladimir Slivyak bei der Preisverleihung auf der «Schönauer Stromnacht» am 02.07.2022 | Foto: Bernd Schumacher
- v.l.n.r.: Peter Schelshorn (Bürgermeister von Schönau), Vladimir Slivyak (Preisträger 2022), Kerstin Rudek (nachträglich geehrte Stromrebellin 2020), Sebastian Sladek (Vorstand Elektrizitätswerke Schönau EWS eG) bei der Preisübergabe auf der Schönauer Stromnacht am 02.07.2022 | Foto: Bernd Schumacher
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