Dieter Bednarz - Zu jung für alt
-Vom Aufbruch in die Freiheit nach dem Arbeitsleben- (Edition Körber-Hamburg 2018)
Das neue Buch „Zu jung für alt“ des Autors und ehemaligen Spiegelredakteurs Dieter Bednarz von 2018 sehe ich als eine unaufdringliche und motivierende Einladung, die eigene Idee, wie die Zeit nach der aktiven Berufstätigkeit, die Gestalt der sebstbestimmten Jahre aussehen soll, einer Reflektion zu unterziehen.
Der Genuss der ausgiebigen morgendlichen Zeitungslektüre - der ja auch mancher interessante Impuls zu entnehmen ist - wird mir nicht ausgeredet, deshalb lese ich mit Spannung weiter. Meine Zeit als junger Vater liegt biografisch länger zurück als bei Dieter Bednarz. In der auslaufenden Studentenzeit begann für mich ...
das Abenteuer Familie.
Wenn diese schöne Familienzeit bei Dieter Bednarz erst zehn Jahre vor dem beruflichen Ausscheiden begann, ist nachzuvollziehen, dass er einen heftigen Kontrast einerseits -nach „Rückkehr von der Wickelfront“- zwischen seiner jugendlichen Familie und andererseits der persönlichen Herausforderung durchlebte, jener nachberuflichen Folgezeit eine sinnvolle Gestaltung zu verleihen, welche vor nicht allzu vielen Jahren als „das Alter“ gesehen wurde, die heute jedoch als längste Lebensphase zu betrachten ist.
Die Erläuterung der politischen Geschichte des Aufbaues der Absicherung der Menschen nach ihrem Erwerbsleben mittels einer Rente erfolgt im Zusammenhang und sehr bündig. Dies vor dem Hintergrund der Verschiebung des Alters zeitlich nach hinten sowie der Erwartung der bald ins Rentensystem eindringenden und gerecht zu integrierenden Babyboomer.
Die Charakterisierung verschiedener Rentnertypen fordert dazu heraus, sich selbst zuzuordnen: zum Zufriedenen, Geschäftigen, Verhinderten, zum Unruheständler, Produktiven, Gebremsten. Es dürfte kaum eine/n Leser/in geben, der/die darüber nicht ins Nachdenken käme.
Dieter Bednarz macht sich zu sehr verschiedenen und unterschiedlich spezialisierten Experten auf: so im Deutschen Zentrum für Altersfragen in Berlin zu Prof. Tesch-Römer. Mögliche Erlebnisweisen des Übergangs in den Ruhestand reichen vom Eindruck eines neutralen Ereignisses über die Sichtweise des 'Übergangs als Gewinn' oder das Erlebnis des 'Übergangs als Verlust'.
Weiteres Expertentum findet sich am Institut für Gerontologie der Universität Heidelberg in der Person von Professor Kruse, welchem Dieter Bednarz wie seinen anderen zahlreichen Gesprächspartnern auch eigene persönliche Sicht- und Erlebnisweisen entlocken kann.
Auch mit Bergleuten aus seiner eigenen Heimat führt Bednarz Gespräche angesichts dramatischer Veränderungen beruflicher Perspektiven.
Interessant und überraschend ist die Perspektive mancher Rentner, nicht zuletzt als Rechenbeispiel, einem Aufenthalt im Seniorenheim lieber eine Langzeitreise auf einem Kreuzfahrtschiff vorzuziehen.
Vielen anderen Rentnern erschließt sich das Theaterspiel oder das Singen im Chor als neue Leidenschaft.
Z.B. in einer New-Generation-Zentrale trifft eine breite Palette von Angeboten auf 'Anbieter' und 'Verbraucher' und unterstützen lebenslanges Lernen.
Ausführliche Beschreibung finden die Freiwilligenbörse „Aktivoli“, die Bundesgemeinschaft der Seniorenorganisationen (BAGSC), der Senior Expert Service (SES) sowie die Vermittlungsplattform „Masterhora“.
Das Demografie-Netzwerk e.V. (ddn) beschäftigt sich mit der Frage, wie sich Betriebe, Organisationen und Firmen auf eine alternde Belegschaft einstellen können.
Hier zeigt Bednarz auf, dass es noch viel zu tun gibt für diejenigen, welche die Zeichen der Zeit erkannt haben. Die Körberstiftung, welcher Bednarz nahesteht, wartet hier mit vielen ExpertInnen auf.
Die Professoren Radebold und Mundle erlebt Dieter Bednarz mental und emotional unterstützend bei der Analyse und Perspektivensuche rund um die Geschehnisse und die teilweise als existentiell bedrohlich wahrgenommenen Erlebnisse auf dem Weg von der Lösung vom Beruf bis zur letztendlich versöhnlichen Ankunft in der nachberuflichen Lebenszeit.
Als inspirierenden Gesprächspartner findet er Philipp Lahm, der als Weltmeister im Fußball bekannt ist, und der für Dieter Bednarz auch in der Fähigkeit zur Vorausschau und Vorausplanung vorbildhaft und meisterhaft gilt.
Besonders angesprochen hat mich der erfrischende und unterhaltsame Schreibstil und vor allem die Ehrlichkeit und Offenheit von Herrn Bednarz, ganz so wie bei den Vorträgen in der Videothek in Lahr und im Glashaus in Freiburg/Rieselfeld, an denen mich sein lebendiger Vortragsstil begeistert hat.
Und.... ich habe selbst einen neuen Vorsatz gefasst, ein -in der Berufszeit vernachlässigtes- Talent aufzugreifen.
Franz Hench, Dipl.Psych., Dipl.Theol.
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