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Sieben Morgen Rezension Buchansicht

Harald Siebenmorgen (1949 – 2020) hatte in Freiburg Kunstgeschichte, Germanistik, Soziologie und christliche Archäologie studiert und sich zu Studienbeginn 1968 auch politisch dort engagiert. Von 1992 bis 2014 leitete er das Badische Landesmuseum Karlsruhe, zu dem in Südbaden auch die Landesstelle für Volkskunde und das Keramikmuseum Staufen gehören.
Harald Siebenmorgen war ein international renommierter Ausstellungsmacher, Museumsdirektor, Wissenschaftler und Manager, innovativ auf vielen Feldern. Sein Horizont reichte vom Oberrhein bis zum Orient, von der Antike bis zur zeitgenössischen Kunst. Er begriff Museum als gesellschaftliche Aufgabe und ...

setzte seine vielfältigen Interessen und Kenntnisse gemeinsam mit seinem Team kreativ und zielstrebig für ein großes Publikum um.

Der Band Harald Siebenmorgen – MuseumsMensch bietet einen spannenden Einblick in die Persönlichkeit eines ungeheuer vielseitigen und  kreativen Museumschefs, der jahrezehntelang die Museumsszene prägte, erzählt aus über 100 verschiedenen Perspektiven.MuseumsKollegInnen aus dem Badischen Landesmuseum, aus Deutschland, der Schweiz und Tunesien, Künstler und Künstlerinnen, aber auch bekannte Persönlichkeiten aus Wissenschaft, Politik, Recht, Verwaltung und Wirtschaft haben ihre vielfältigen Erinnerungen beigesteuert.Den persönlichen Texten vorangestellt sind Reden und Texte von Prof. Harald Siebenmorgen, die sein Museumsverständnis zeigen sowie Rückblicke von Prof. Peter Weibel und Prof. Beat Wyss. 

Zusammen mit den 262 großteils unveröffentlichten Abbildungen wird eine ganze Museumsära lebendig, deren grundlegende Fragenstellungen bis heute aktuell sind.

Ein besonderer Schwerpunkt der Interessen und Aktivitäten Siebenmorgens des interkulturellen Kulturaustausches, der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit und der Kulturbeziehungen zu Nordafrika, insbesondere zu Tunesien.

Grenzen überwinden - Eines seiner Ziele war die Belebung des grenzüberschreitenden Oberrheingebiets und mit Frankreich und der Schweiz generell, was sich in zahlreichen Ausstellungen in Kooperation mit dem Elsass, aber auch mit der Jugendstilstadt Nancy niederschlug. Er war der Motor der Museumsleute auf deutscher Seite für den trinationalen Museumspass, heute MuseumsPassMuseés, das einzige EU-geförderte Kulturprojekt, das heute noch existiert und freien Zutritt zu über 300 Museen, Schlössern und Gärten bietet.

„Ich bin ein Viertel Tunesier“ - sagte er von sich selbst “. Ergebnis waren einzigartige Ausstellungen zum antiken Karthago und zu den Vandalen, aber auch zur Keramik der Berberfrauen von Sejnane und die Zusammenarbeit mit zeitgenössischen tunesischen Künstlern und Künstlerinnen. Besonders berührend die Erinnerungen des tunesischen Museumskollegen Habib Ben Younes ehemals Institut national du Patrimoine und der tunesischen Künstlerin Sonja Kallel.

Der großzügige Ermöglicher öffnete das Karlsruher Schloss auch für deutsch-ausländische und Migrantenvereine und -Initiativen und kooperierte mit ihnen – vor seiner Zeit undenkbar. Ebenso offen war er für andere gesellschaftliche Themen. Schon bevor des den Begriff LGPTQ gab, stellte er die Fotografien der jungen iranischen Künstlerin Asoo Khanmohammadi aus.

Das ist Kunst! -Zeitgenössische Kunst bildete von Jugend an einen Schwerpunkt seines Interesses – berührend die Erinnerung von Hans - Jörg Voth die Begegnung mit Harald Siebenmorgen in Freiburg bei seinem Projekt Neubepflanzung eines Rosenbeetes 1977, veranstaltet vom Freiburger Kunstverein.

Später war er einer der Pioniere in der Gegenüberstellung von kulturhistorischen und archäologischen Themen und Werken zeitgenössischer Kunst, schon in Schwäbisch Hall und besonders in Karlsruhe, wovon zahlreiche Beiträge von Künstlern und Künstlerinnen zeugen, darunter von Jürgen Brodwolf, Pavel Schmidt und Margret Eicher.

Keramikmuseum Staufen – bei aller Weltläufigkeit war Siebenmorgen auch das Regionale wichtig: Unterstützung und Entwicklung der Zweigmuseen in Bruchsal, Neuenbürg, die Neueinrichtung von Salem und nicht zuletzt das Keramikmuseum Staufen. Allein drei Beiträge in dem Band berichten von der Gründung des Förderkreises und seinen Aktivitäten in Staufen. Zur Förderung des Kunsthandwerks rief er u.a. die Weihnachtsmesse der Kunsthandwerker ins Leben.

Dies sind nur Beispiele einiger weniger Kapitel und Abschnitte des Buches Harald Siebenmorgen MuseumsMensch.

Erste Reaktionen

"Mit diesem Buch ist Ihnen … ein wundervoll lebendiges, überraschungsreiches Werk geglückt, farbensprühend (in mehrfachem Sinne) wie es das Portätbild auf dem Cover verheißt, erfüllt von unterschiedlichen Facetten, je nach Perspektive und Begegnungsanlass der Autoren. Keine steife Festschrift mit ihren klischeehaften Hommage-Floskeln, eher eine freundschaftlich - kollegiale Feier eines besonderen Menschen, ein Spiegel auch von Haralds Denkfreiheit und produktiver Vernetzungsarbeit, deren geistige und sinnliche Anstöße auf diverse Weise weiterwirken mögen!“ 
Gabriele Bach, Kunsthistorikerin

„Die Zeitgenossen und Weggefährten reden zu lassen, war eine gute Idee. Das gibt ein bunteres, lebendigeres, facettenreicheres und zeitgeschichtlich aufschlussreicheres Bild als eine biografische Monografie. Ich kenne nichts Vergleichbares. Es ist gestalterisch und inhaltlich bzw. museumsgeschichtlich und als hommage ein Wurf, auch und gerade durch die Zusammenstellung und den Einbezug des grossartigen, in alle Winde verstreuten Bildmaterials.“
Felix Graf, ehem. Kurator Schweizerisches Landesmuseum Zürich 

Habib Ben Younes
Der Zufall schreibt die schönsten Geschichten
In der Tat schreibt der Zufall die schönsten Geschichten, viel mehr als jedes lange vorbereitete Projekt.

Als wir mit einem renommierten europäischen Museum über eine mögliche Ausstellung über Karthago diskutierten, landete eine Delegation des Badischen Landesmuseums Karlsruhe in Tunis und bot uns an, an einer Ausstellung über Hannibal teilzunehmen, für die die Finanzierung bereits größtenteils gesichert war. Dies war der Startschuss nicht nur für die Teilnahme an der sehr erfolgreichen internationalen Ausstellung „Hannibal Ad Portas“, sondern auch für eine längere und fruchtbare Zusammenarbeit, die nicht zuletzt durch eine enge Freundschaft besiegelt wurde.

Professor Harald Siebenmorgen war ein Mensch, der zuhörte, ein engagierter Leiter ohne Berechnung. Wir erlebten dies in doppelter Hinsicht bei der Ausstellung über die „Poterie modelée“, die zunächst ein einfaches Diskussionsthema über die Verankerung dieser weiblichen und ländlichen Produktion in der tunesischen Geschichte war, die sich noch immer in der bemerkenswerten Produktion der Töpferinnen von Sejnane manifestiert. Diese internationale Ausstellung kann übrigens als erster Schritt auf dem Weg zur Aufnahme der „Poterie modelée“ von Sejnane in die Liste des Weltkulturerbes durch die UNESCO betrachtet werden. Der Professor überraschte uns am Ende unserer Gespräche mit der Entscheidung, die Ausstellung zu organisieren und einen Katalog herauszugeben.

Anlässlich der Vorbereitung der Ausstellung über die Vandalen und im Anschluss an einen der Besuche zur Vorbereitung dieser Veranstaltung erhielten wir ein Gutachten über einige Sammlungen von Bronzearbeiten, die bis in die punische Zeit zurückreichten. Der Professor, der unsere Sorge um die Erhaltung dieser Objekte bemerkt hatte, beschloss, die Restaurierung in den Werkstätten seines Museums zu übernehmen.

Dank seiner Bekanntheit konnten wir an einem sehr großen Treffen der Museen der Grenzstädte von Deutschland, Schweiz und Frankreich teilnehmen, was uns die Möglichkeit gab, diese grenzüberschreitende Zusammenarbeit zwischen Museen mit unterschiedlichem Status und unterschiedlichen Mitteln zu entdecken und den ganzen Respekt zu sehen, den unser verstorbener Freund genoss.

Schließlich sei auch an den Teamgeist erinnert, der in seinem Museum während der Durchführung gemeinsamer Projekte herrschte, bei denen er ohne zu zögern darauf achtete, die Meinung mit allen seinen Mitarbeitern auszutauschen, bevor die endgültige Entscheidung im Konsens getroffen wurde.

So sehr Professor Harald Siebenmorgen ein international anerkannter Fachmann war, so sehr war er auch außerhalb der Arbeit ein bon vivant und Feinschmecker. Er genoss das Grillen am Holzfeuer - „das beste Mechoui der Welt“, wie er sagte - in kleinen Restaurants in den tunesischen Souks ebenso wie die saftigen Schinkenscheiben, die er nach einem Abstecher in Straßburg probierte.

Professor Harald Siebenmorgen prägte eine Epoche durch seinen unauslöschlichen Stempel der aufrichtigen Freundschaft, möge er in Frieden ruhen. Meine Kollegen und ich behalten ihn in bester Erinnerung, weil er ein großes Herz und eine große Seele hatte.

Habib Ben Younes war 2000 bis 2011 Direktor der Museen am Institut National du Patrimoine in Tunis.
Übersetzung aus dem Französischen: Elisabeth Schraut

Sieben Morgen Rezension

Inhaltsverzeichnis, Leseprobe, Reaktionen:
https://mj-projekte.myportfolio.com/siebenmorgen
Harald Siebenmorgen MuseumsMensch
Mit einem Grußwort von Ministerin Petra Olschowski
Herausgegeben von Elisabeth Schraut
Grafik Markus Jäger
Mit persönlichen Beiträgen von über 100 Autoren und Autorinnen
J.S. Klotz Verlagshaus Neulingen 2024

ISBN  978-3-949763-89-2

328 S., 262 Abb., großteils unveröffentlicht, € 29,90

Das Buch ist vorrätig im Shop des Badischen Landesmuseums Karlsruhe, Schloss
und im Keramikmuseum Staufen
Online: stephanusbuch.de (kostenfreie Lieferung in Deutschland)

 
Titelbild:
Markus Jäger, Portrait Harald Siebenmorgen, 
Digitalgrafik nach einem Foto von Beatrix von Hartmann, 2024
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